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Verloren und gefunden

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sos-familie

Mustafa und seine SOS-Geschwister. Weil seine Eltern nicht auffindbar waren, kam er ins SOS-Übergangsheim.

Die Geschichte des 12-jährigen Mustafa beginnt in A-Wadi, einen Vorort von Damaskus City. Hier ist er mit seinen vier Geschwistern aufgewachsen.

Mustafa kam mit einer geistigen Behinderung zur Welt. So hat er mit seinen zwölf Jahren kein Gefühl für Gefahr. Oft schon lief er durch die Straßen, während seine Eltern arbeiten waren, und fand den Weg nach Hause nicht mehr. Früher, vor dem Krieg, war es in der Regel ein Nachbar oder ein Polizist, der sich um Mustafa kümmerte. Der Junge war bekannt im Viertel.

Der Krieg hat alles verändert. Bestehende Nachbarschaften sind aufgelöst, viele Menschen sind weggezogen. Es kam der Tag, an dem Mustafa sich wieder auf den Weg machte. Seine Mutter war gerade dabei zu kochen, als er immer weiter lief – und diesmal von niemandem aufgehalten wurde.

Brüder

Mit seinen beiden SOS-Brüdern teilte Mustafa das Zimmer.

Mitarbeiter des Roten Kreuzes fanden den Jungen schließlich schlafend in einem Park. Ayad Muhsein war einer von ihnen. Er erinnert sich: „Mustafa war in einer schrecklichen Verfassung. Seine Kleider waren zerrissen, und er hatte Kratzer und Wunden am ganzen Körper.“ Offenbar hatte er bereits 15 Tage auf der Straße verbracht. Er konnte nicht erklären, woher er kam und so entschied das Rote-Kreuz-Team, Mustafa in das Übergangsheim für verlassene Kinder der SOS-Kinderdörfer zu bringen. Es war klar, dass Mustafa Unterstützung und auch psychologische Hilfe brauchte.

Im Übergangsheim der SOS-Kinderdörfer kümmerten sich ein Betreuer und ein Psychologe gemeinsam um ihn. Sie versuchten, ihm Halt zu geben, ihn zu stabilisieren und arbeiteten mit ihm daran, Gefahren besser zu erkennen. Der Junge wurde in einer Kinderdorf-Familie aufgenommen. Es ging ihm gut dort und er fand schnell Anschluss. Dennoch fragte er fast jeden Tag, wann er nach Hause gehen könne. Nur, wo das war, wusste niemand. Es dauerte zwei Monate, bis man schließlich seine Eltern gefunden hatte.

Wiedersehen

Als Mustafa seine Mutter und seinen Bruder zum ersten Mal wieder sah, waren alle überglücklich.

Diese waren in großer Sorge gewesen. „Jeden Tag waren mir Millionen furchtbarer Gedanken in den Sinn gekommen. Ich stellte mir vor, Mustafa sei gefoltert oder sogar getötet worden“, sagt seine Mutter. „Jedes Mal, wenn das Telefon klingelte, dachte ich, dass mir jemand sagen würde, dass Mustafas Leiche gefunden worden wäre.“

Als sie schließlich erfuhr, dass ihr Sohn im SOS-Übergangsheim war, war sie unendlich erleichtert. Als sie durch die Tür kam, rannte Mustafa ihr glücklich in die Arme.

Die Mutter konnte nicht glauben, in welch guter Verfassung ihr Sohn war und wie gut er bereits jetzt in die Gemeinschaft eingebunden war. „Ich bin so dankbar, dass Mustafa hier aufgenommen wurde und nicht auf der Straße oder in einer Massenunterkunft leben musste. Ich würde es jedem Kind, das keine Familie hat, wünschen, dass es zu SOS kommen darf.“

Abschied

Abschied nach zwei Monaten. Mustafas Familie möchte den Kontakt zu SOS aufrecht erhalten und möglichst oft zu Besuch kommen.

Mustafas SOS-Geschwister und seine Freunde weinten, als er sich von ihnen verabschiedete. Für seine Mutter steht fest, dass sie nicht das letzte Mal hier waren. „Diese Menschen waren wie eine zweite Familie für meinen Sohn, und wir werden sie regelmäßig besuchen.“

Das SOS-Übergangsheim wurde gegründet, um Kindern, die ihre Eltern während des Krieges verloren haben, ein Zuhause zu geben.  Die Kinder bekommen Schutz und Geborgenheit. Psychologen, Sozialarbeiter und Pädagogen unterstützen sie dabei, erlebte Traumata zu überwinden und ein möglichst normales Leben zu führen.


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